Artikel von Birgit Eiselsberg

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Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie: Was Unternehmen in Österreich jetzt wissen müssen

Gleichstellung am Arbeitsplatz ist nicht nur ein gesellschaftliches Ziel, sondern wird jetzt zur konkreten Aufgabe für Unternehmen. Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie (Richtlinie (EU) 2023/970) ist seit Juni 2023 in Kraft. Spätestens bis zum 7. Juni 2026 müssen Sie die Vorgaben in Ihrem Unternehmen umsetzen. Klingt weit weg? Ist es nicht – denn wer jetzt vorbereitet ist, spart später viel Aufwand. Was bedeutet die EU-Entgelttransparenzrichtlinie für Unternehmen und Personalleiter:innen in Österreich und welche Unternehmen sind davon betroffen? Die Richtlinie bringt zahlreiche Neuerungen mit sich, die Arbeitgeber:innen bereits jetzt strategisch vorbereiten sollten.

INHALT

Ungleichheit bei der Bezahlung von Männern und Frauen – Symbolbild mit blauer männlicher und rosa weiblicher Figur auf unterschiedlich hohen Münzstapeln, umgeben von schützenden Händen. Darstellung des Gender Pay Gaps und der Bedeutung von Entgelttransparenz.

Ziel der Entgelttransparenzrichtlinie 2026: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Das Ziel ist klar: Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit. Der Gender Pay Gap liegt in Österreich laut KPMG bei rund 19 % und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 13 %. Die neue Richtlinie setzt hier an: Mit mehr Transparenz soll ungerechte Bezahlung aufgedeckt und beseitigt werden. Und das betrifft nicht nur große Konzerne.

Durch verbindliche Transparenzmaßnahmen soll Diskriminierungen aufgedeckt und beseitigt werden. Ziel ist eine gerechtere, diskriminierungsfreie Entlohnung über alle Branchen hindurch (Quelle: Rat der Europäischen Union).

 

 

Was bedeutet die EU-Entgelttransparenzrichtlinie konkret für Sie?

Die EU verpflichtet Unternehmen unter anderem zu folgenden Maßnahmen (Quelle: Stepstone):

  • Gehaltsangaben in Stellenausschreibungen
    In Österreich sind Sie als Arbeitgeber:in bereits verpflichtet, in Ihren Stellenausschreibungen das Mindestgehalt oder die Gehaltsspanne anzugeben – inklusive Verweis auf den anwendbaren Kollektivvertrag. Auch Berufsbezeichnungen müssen geschlechtsneutral formuliert sein. Laut der neuen Entgelttransparenzrichtlinie dürfen Sie Bewerber:innen in Zukunft nicht mehr nach ihrem aktuellen Gehalt bzw. Gehältern aus früheren Dienstverhältnissen fragen.
  • Recht auf Auskunft für Mitarbeiter:innen
    Ihre Beschäftigten haben künftig das Recht, Informationen über das durchschnittliche Entgelt von Kolleg:innen in vergleichbarer Position und Qualifikation zu erhalten. Sie sind als Arbeitgeber:in verpflichtet, die Kriterien zur Entgeltfestlegung offenzulegen.
  • Regelmäßige Berichtspflichten
    Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden müssen regelmäßig interne Berichte zum Gender Pay Gap erstellen. Diese beinhalten Daten zu Grundgehältern sowie variablen Vergütungsbestandteilen.
  • Beweislastumkehr & Schadenersatz
    Im Fall vermuteter Diskriminierung muss künftig das Unternehmen beweisen, dass keine Ungleichbehandlung vorliegt. Bei Verstößen drohen Schadenersatzzahlungen.

In der untenstehenden Übersicht finden Sie eine kompakte Darstellung der wichtigsten Pflichten, die sich aus der EU-Entgelttransparenzrichtlinie ergeben – gestaffelt nach Unternehmensgröße. Sie zeigt, abhängig von der Unternehmensgröße, ab wann welche Informationspflichten gelten. So behalten Sie den Überblick, welche Vorgaben auf Ihr Unternehmen zukommen.

Wie wirkt sich die Entgelttransparenzrichtlinie auf österreichische Arbeitgeber:innen aus?

Obwohl es bereits Regelungen wie die Angabe von Mindestgehältern in Stellenanzeigen oder Einkommensberichte gibt, wird die neue Richtlinie Ihre Verpflichtungen deutlich verschärfen (Quelle: ​Deloitte).

Sie sollten insbesondere mit Folgendem rechnen (Quellen: ​StepStone, Deloitte):

  • Anpassung von Stellenausschreibungen: Stellen Sie sicher, dass alle Jobangebote die erforderlichen Gehaltsinformationen enthalten und geschlechtsneutral formuliert sind.
  • Einrichtung von Auskunftsmechanismen: Implementieren Sie interne Prozesse, die es Mitarbeiter:innen ermöglichen, ihre Auskunftsrechte wahrzunehmen.
  • Erstellung von Entgeltberichten: Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten müssen regelmäßige Berichte über das Entgeltgefälle erstellen und veröffentlichen.
  • Überprüfung und Anpassung der Vergütungsstrukturen: Analysieren Sie die aktuellen Entgeltstrukturen in Ihrem Unternehmen, um sicherzustellen, dass sie geschlechtsneutral und diskriminierungsfrei sind.

Noch gibt es keinen finalen Gesetzesentwurf zur Umsetzung in Österreich. Das Sozialministerium arbeitet aktuell daran. Klar ist aber: Die Umsetzung wird kommen – und zwar verpflichtend.

5 praktische Tipps für die Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie

Damit Sie als Personalleiter:in bzw. Unternehmen gut vorbereitet sind, sollten Sie folgende Schritte beachten:

1. Analyse der bestehenden Gehaltsstruktur

  • Wie ist das aktuelle Entlohnungssystem aufgebaut?
  • Welche Kriterien entscheiden über Gehaltshöhe (z. B. Qualifikation, Erfahrung, Verantwortung)?
  • Inwiefern dient der Kollektivvertrag als Grundlage?
  • Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede, die erklärt oder beseitigt werden müssen?

2. Gleichwertige Tätigkeiten im Unternehmen erfassen und kategorisieren

  • Gibt es eine klare Systematik zur Einordnung von Rollen, Funktionen und Aufgabenbereichen?
  • Werden Tätigkeiten mit vergleichbarer Verantwortung, Qualifikation oder Komplexität gruppiert?
  • Wie wird im Unternehmen definiert, was als „gleich“ oder „gleichwertig“ gilt?
  • Existiert eine Grundlage (z. B. Funktionsmatrix, Job-Grading-System), die Vergleichbarkeit sicherstellt?

3. Auf Informations- & Berichtspflichten vorbereiten

  • Aufbau eines Systems zur regelmäßigen Erhebung von Entgeltdaten nach Geschlecht.
  • Automatisiertes Reporting (z. B. via HR-Software) zur Erstellung gesetzlich konformer Berichte.
  • Klare Verantwortlichkeiten im HR-Team definieren (Datenanalyse, Kommunikation, Rechtliches).

4. Detaillierte Dokumentation

  • Insbesondere bei Neueinstellungen: Warum wurde welches Gehalt vergeben?
  • Standardisierte Protokolle für Gehaltsverhandlungen einführen.
  • Transparente Kriterien für Boni, Beförderungen und Sonderzahlungen dokumentieren.

5. Internen Informationsfluss stärken

  • Führungskräfte sensibilisieren und schulen: Was bedeutet faire Vergütung in der Praxis?
  • Klare Kommunikation der Unternehmensposition zur Entgeltgleichheit.
  • Aufbau eines vertrauenswürdigen Feedbacksystems für Mitarbeitende.

Chancen für Unternehmen: Verbessern Sie Ihr Employer Branding

Neben den regulatorischen Anforderungen bietet die Richtlinie auch Chancen. Vor allem im Hinblick auf Ihre Employer Branding Strategie:

  • Steigerung der Arbeitgeberattraktivität: Durch Transparenz und Gleichstellung positionieren Sie sich positiv im Wettbewerb um Talente – besonders bei der Generation Z, die großen Wert auf Fairness legt.
  • Verbesserung der Unternehmenskultur: Ein transparenter und fairer Umgang mit Entgeltfragen kann die Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung erhöhen.
  • Förderung von Diversität: Durch gerechte Bezahlung fördern Sie vielfältige Perspektiven, was wiederum zu innovativeren und erfolgreicheren Teams führen kann.

Sie setzen mit diesen Maßnahmen ein klares Zeichen für Diversität, Gleichstellung und moderne Unternehmenskultur.

Fazit: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt zum Handeln

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie ist kein bloßes Bürokratiemonster – sie ist ein Weckruf. Für Unternehmen in Österreich bedeutet sie zwar zusätzlichen Aufwand, aber auch die Chance, ein modernes, gerechtes und attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen.

HR-Verantwortliche sollten jetzt beginnen, ihre Gehaltsstrukturen zu überprüfen, Prozesse aufzusetzen und Transparenz aktiv zu leben. Wer wartet, läuft Gefahr, nicht nur gesetzliche Fristen zu verpassen – sondern auch den Anschluss im Wettbewerb um die besten Talente.

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