Vorbemerkungen
Mit insgesamt 824 an der Befragung beteiligten Personen aus dem Finanz- und Rechnungswesen, Controlling und aus angrenzenden Funktionen österreichischer Unternehmen und einer Rücklaufquote von rund 8 % kann die Umfrage als repräsentativ eingeschätzt werden. Darüber hinaus ist der gute Rücklauf ein Indikator für die hohe Relevanz des Umfragethemas bei der Zielgruppe. Die befragten Personen sind zu 34 % weiblich und zu 66 % männlich. Über 40-Jährige sind deutlich stärker vertreten als unter 40-Jährige. Während der Anteil über 40-Jähriger bei 61 % liegt, rekrutieren sich gerade einmal rd 8 % der Antworten aus der Gruppe der unter 30-Jährigen. Das spiegelt wohl auch die tatsächliche Altersverteilung in der Grundgesamtheit der befragten Funktionen wider. Als Datenbasis für die Soll-Stichprobe wurden die Datenbanken von Schulmeister Management Consulting und des Controller Instituts herangezogen.
Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse der Umfrage zu folgenden Themenbereichen vor:
- Zufriedenheit mit der Arbeitskultur, New- Work-Faktoren und Treiber einer neuen Arbeitskultur,
- persönliche Arbeitssituation, Arbeitsbelastung und Arbeitsbedingungen sowie
- neue Talente und Arbeitskräftemangel.
Zufriedenheit mit der Arbeitskultur, New-Work-Faktoren und Treiber einer neuen Arbeitskultur
Die Zufriedenheit unter den Fachkräften des Finanzbereichs ist durchwegs hoch ausgeprägt und dies trotz des radikalen Wandels der Rahmenbedingungen, was auf niedrigere Werte schließen lassen könnte. Die Corona-Pandemie hat sowohl neue Trends hervorgebracht als auch bestehende beschleunigt, und ohne sie wären die Fortschritte hin zu einer neuen Arbeitswelt in der CFO-Organisation deutlich geringer ausgefallen. 59 % der Befragten sind mit ihrer Arbeitskultur zufrieden und nur 24 % zeigen sich unzufrieden. 17 % sind indifferent. Ein Vergleich mit anderen Funktionsgruppen wie zB Marketing, Vertrieb oder Einkauf liegt aktuell nicht vor, und so lassen sich die Ergebnisse nur schwer in ein Gesamtbild der Zufriedenheit im Unternehmen einordnen. Interessant ist auch ein Blick auf die Ausprägung der Zufriedenheit in den einzelnen Altersgruppen. Demnach schätzen Jüngere wie Ältere ihre Arbeitskultur ähnlich ein. Keine der Altersgruppen erweist sich statistisch betrachtet besonders zufrieden oder unzufrieden im Vergleich zur Gesamtheit der Befragten.
Die Zufriedenheit mit der Arbeitskultur ist zudem nicht überall gleichbleibend und es gibt eine hauchdünne positive Tendenz. Bei zumindest 54 % der Befragten stieg die Zufriedenheit mit der Arbeitskultur in den letzten beiden Jahren, was vermutlich auf positiv wahrgenommene Veränderungen in den Arbeitsabläufen, in der Zusammenarbeit oder in der Führung schließen lässt.
Und vieles deutet darauf hin, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen bereits auf dem Weg ist, die Arbeitskultur zu erneuern: 89 % geben an, dass Fehler verziehen werden und 71 %, dass es eine gute Wissensteilungskultur gibt. Immerhin bestätigen 62 %, dass ihre Unternehmensführung transparenter als je zuvor ist. Bereits 57 % steuern Projekte mit agilen Methoden. Das mag fortschrittlich erscheinen, gleichzeitig spielen agile Methoden bei 44 % noch keine Rolle und 38 % weisen darauf hin, dass die Führung nicht transparenter wurde. Wenn die Corona-Pandemie etwas gezeigt hat, dann, dass Innovation und Flexibilität in der Arbeitskultur wichtiger sind als etablierte Regeln und erzwungene Workflows. Ganz im Gegenteil, diese können der Produktivität sogar im Weg stehen.
Interessant ist, dass gerade die jüngeren Befragten (<30) die einzelnen New-Work-Kriterien in ihren Unternehmen am besten einschätzen. Wohl auch deshalb, weil gerade diese Generation New Work ganz besonders repräsentiert und das Bewusstsein dafür stärker ausgeprägt ist.
Von wem oder was nun die Impulse für eine Veränderung der Arbeitskultur ausgehen, wurde ebenfalls erhoben. Wer im Unternehmen macht sich für die Neugestaltung der Arbeit stark? Die Befragung zeigt wenig überraschend, dass es nicht die „eine“ treibende Kraft für New Work gibt, sondern dass Führungskräfte in 80 % und Mitarbeitende in 74 % der Fälle arbeitsteilig Anteil an der Erneuerung haben. Und mit einer Zustimmung von 78 % bestätigt sich auch die Vermutung, dass die Corona-Pandemie den Takt vorgegeben hat. Ohne Corona wären die Fortschritte in den Unternehmen in Richtung einer neuen Arbeitswelt deutlich geringer ausgefallen. Etwas abgeschlagen rangiert überraschenderweise die HR-Abteilung, der in nur 36 % der befragten Organisationen eine aktive Rolle im Zusammenhang mit der Veränderung der Arbeitswelt zugesprochen wird.
Die Einschätzung, wer sich für eine neue Arbeitskultur stark macht, ist aus Sicht der einzelnen Altersgruppen unterschiedlich: Die unter 30-Jährigen sehen mit 85 % einzelne Mitarbeitende im Lead, währenddessen die über 40-Jährigen den Führungskräften den größten Einfluss zuschreiben (83 %). Dies mag mitunter auch daran liegen, dass in der Gruppe der über 40-Jährigen der Anteil an Führungskräften größer ist als bei den unter 30-Jährigen.
Persönliche Arbeitssituation, Arbeitsbelastung und Arbeitsbedingungen
Auch ihre persönliche Arbeitssituation schätzen die Führungs- und Fachkräfte mehrheitlich gut bis sehr gut ein. Verantwortlich dafür sind vor allem Arbeitsbedingungen wie eine angenehme Arbeitsatmosphäre, ein sicherer und technologisch gut ausgestatteter Arbeitsplatz, eine gute Work-Life-Balance und attraktive Gehälter, die im Gros der Unternehmen geboten werden. Die Arbeitsbelastung ist im Vergleich zum Vorjahr meist unverändert, was mitunter auch auf die Vorteile von Remote Work und einer flexibleren Arbeitsgestaltung zurückzuführen ist. Wie schätzen die Befragten nun ihre persönliche Arbeitssituation als zusammenfassende allgemeine Bezeichnung für die arbeitsbezogenen Umstände und Gegebenheiten konkret ein?
Die Mehrheit der Befragten beurteilt die eigene Arbeitssituation mit 59 % positiv bzw. sehr positiv. Nur 16 % der Befragten empfinden ihre Arbeitssituation als schlecht bzw. sehr schlecht. 26 % sind indifferent, können bzw. wollen sich nicht festlegen.
Auch hier gibt es wiederum interessante Ergebnisse nach Altersgruppen. 67 % der unter 30-Jährigen beurteilen die persönliche Arbeitssituation gut bis super, während dies bei den über 40-Jährigen in geringerem Ausmaß (56 %) der Fall ist. So verwundert es nicht, dass es die über 40-Jährigen sind, die sich mit 38 % deutlich öfter als die anderen Befragten persönlich nicht festlegen wollen und damit latent mitunter auch ihre Unzufriedenheit ausdrücken.
Die Einschätzung der persönlichen Arbeitssituation wird auch von der Arbeitsbelastung überlagert. Die vorliegende Studie untersucht, inwiefern sich die Arbeitsbelastung der befragten Personen in den letzten zwei Jahren positiv oder negativ verändert hat, sie trifft hingegen keine Aussage zur absoluten Arbeitsbelastung. Interessant ist, dass für einen erheblichen Teil der Befragten die Arbeitsbelastung im Vergleich zu Corona-Zeiten (48 %) unverändert ist.
17 % der Teilnehmenden geben an, dass sich ihre Arbeitsbelastung durch die Pandemie verbessert hat, wohingegen 36 % darauf hinweisen, dass sich die Arbeitsbelastung verschlechtert hat. Für eine Mehrheit von 83 % aller Befragten bedeutet Corona somit jedenfalls keine Entlastung. Gleichzeitig schlägt sich das aber nicht auf die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeitssituation nieder, was darauf schließen lässt, dass die Befragten gelernt haben, mit Arbeitsbelastung umzugehen.
In puncto Altersgruppen gibt es ein Ergebnis, das besonders hervorsticht: 67 % der unter 30-Jährigen sehen eine Verbesserung ihrer Arbeitsbelastung im Vergleich zur Zeit vor COVID19. Bei den älteren Befragten liegen die diesbezüglichen Werte deutlich darunter (19 % bei den 30- bis 40-Jährigen bzw. 16 % bei den > 40-Jährigen). Gleichzeitig sind es nur 10 % der unter 30-Jährigen, die eine Verschlechterung der Arbeitsbelastung sehen.
Man kann daraus durchaus schließen, dass besonders die „Next Generation“ von den neuen Arbeitsumständen im Homeoffice profitiert hat und dass die Belastung, wenn, dann primär bei den Kernleistungsträgern (30 bis 40 Jahre, >40 Jahre) zu beobachten ist.
Nachdem sich das Gros der Befragten positiv über die persönliche Arbeitssituation äußert, verwundert es nicht weiter, dass auch die dafür maßgeblichen Faktoren positiv ausfallen. So bestätigen 75 %, dass ihnen neueste Technologien zur Verfügung stehen – ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor im Finanzbereich. 77 % sehen sich in guter Work-Life-Balance, gar 86 % sehen ihren Arbeitsplatz als gesichert an und 87 % äußern hohe Zufriedenheit in Bezug auf die angenehme Arbeitsatmosphäre. Auch die Tatsache, dass die an der Umfrage beteiligten Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung tragen, führt bei 71 % der Befragten zu guter Stimmung. Und last but not least scheint es auch in puncto Remuneration zu passen: 72 % sehen sich gut entlohnt. Auch hier fällt das Urteil der unter 30-Jährigen bei einzelnen Kriterien positiver als bei den anderen Altersgruppen aus.
Neue Talente und Arbeitskräftemangel
CFOs suchen neue Mitarbeiter und tun sich dabei aber zunehmend schwer. Die Nachfrage nach Personal im CFO-Bereich steigt kontinuierlich, nachdem die Aufgaben im Finanzbereich immer vielfältiger und komplexer werden. Trotz anhaltender Pandemie wollen Arbeitgeber vermehrt in Personal investieren und neue Stellen schaffen. Dabei stoßen sie auf eine Arbeitsmarktsituation, in der die Suche nach Fachkräftepersonal und der zunehmende Kampf um hochqualifizierte Talente die größten Herausforderungen darstellen. Dadurch erhöht sich auch der Konkurrenzdruck zwischen den Unternehmen. Es ist damit zu rechnen, dass sich der Fachkräftemangel noch einmal weiter verschärfen wird, wenn die Infektionszahlen zurückgehen und die Kontaktbeschränkungen wegfallen.
Kurzfristig – ein bis sechs Monate – sieht die Mehrheit der Befragten mit 59 % keine Veränderungen bei den FTEs auf die Unternehmen zukommen. Ein knappes Drittel plant, neue Mitarbeitende einzustellen. Rund ein Zehntel rechnet mit schrumpfenden Abteilungen. Mittel- bis langfristig (in den nächsten eineinhalb bis drei Jahren) sollen die Kapazitäten in den Finanzbereichen noch einmal weiter ausgebaut werden. In den nächsten eineinhalb Jahren erwarten knapp 40 % einen Ausbau der Personalressourcen und immerhin 84 % gehen davon aus, dass kein Personal abgebaut wird. In den nächsten drei Jahren sind es sogar 47 %, die annehmen, dass zusätzliches Personal in ihrem Bereich eingestellt wird. Je weiter es in die Zukunft geht, desto optimistischer werden die Einschätzungen. Dieser Trend widerlegt jedenfalls, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze aufgefressen werden. Die Digitalisierung vereinfacht vieles, gleichzeitig verlangt sie aber nach Höherqualifizierung.
Der Fachkräftemangel stellt angesichts dieser Ausbaupläne und neuen Anforderungen für die CFO-Bereiche ein erhebliches Risiko dar. Knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen haben schon jetzt Probleme, geeignete Kompetenzträger zu finden. Dazu kommt, dass etwa ein Drittel nur geimpfte Personen aufnimmt. Bringen neue Mitarbeitende nun die erforderlichen Kompetenzen mit, wenn sie einmal im Unternehmen beginnen? Auf den ersten Blick fällt die Antwort positiv aus: In mindestens 73 % der Fälle verfügen die neu eingestellten Mitarbeitenden über die erforderlichen Kompetenzen. Gleichzeitig ist dies in etwa 30 % der Unternehmen kaum bzw. nicht zutreffend, was für das bestehende Team sehr nachteilig sein kann. Aufgaben werden nicht, unzureichend oder falsch erledigt, Wissen geht verloren, Kompetenzen werden nicht aus-, sondern abgebaut.
Fazit – Die Stimmung im Finanzbereich ist gut, die Wertigkeit steigt
Die Führungs- und Fachkräfte im Finanzbereich sehen die Arbeit im eigenen Unternehmen durchwegs positiv, die Stimmung ist gut und scheint auch den schwierigen Rahmenbedingungen der letzten zwei Pandemiejahre stand gehalten zu haben. Maßgeblich dafür sind die Arbeitsbedingungen und inwieweit es Unternehmen schon bisher verstanden haben, eine zeitgemäße Arbeitskultur zu etablieren. Der geplante Personalausbau unterstreicht den Wachstumskurs der Finanzfunktion, ihre zunehmende Wertigkeit und die sich bietenden Entwicklungschancen, wenn da nicht der drohende Fachkräftemangel wäre.
Eine Arbeitsmarktsituation, in der die Suche nach Fachkräftepersonal und der zunehmende Kampf um hochqualifizierte Talente die größte Herausforderung darstellt, kann die Weiterentwicklung der CFO-Organisation deutlich bremsen. Gefragt sind daher eine strategische Personalplanung, ein intelligentes Kompetenzmanagement und last but not least CFOs, die es verstehen, Talenten und Kompetenzen den richtigen Stellenwert beizumessen.
Zusammenarbeit:
Dr. Rita Niedermayr (Geschäftsführerin des Controller Instituts und Partner bei EY Österreich) & Matthias Schulmeister geschäftsführender Gesellschafter der Schulmeister Management Consulting Group)